Das Erzählcafé am 10. Oktober 2024 im Stiftungstreff war bis auf den letzten Platz besetzt. Das lag sicher an unserem ganz besonderen Gast: Barbara Genscher. Die Witwe des früheren Außenministers nahm das Café-Publikum mit auf eine beeindruckende Zeitreise.
Selbst ein Flüchtlingskind, das früh seine Mutter verlor, fand sie in den 1950er Jahren eine Anstellung in der Geschäftsstelle der FDP-Bundestagsfraktion in Bonn. Dort arbeitete ihr künftiger Mann, der seine Heimat Halle verlassen hatte. Sie war an seiner Seite als späterer Innen-, dann Außenminister der Bundesrepublik, und erlebte das politische (Welt-)Geschehen über Jahrzehnte unmittelbar. Dazu gehörten zahlreiche Reisen – u.a. übernachtete sie einst im Buckingham Palace und saß an der Seite des heutigen Königs Charles beim festlichen Dinner; Lady Diana ihr gegenüber neben Hans-Dietrich Genscher. Das obligatorische „Damenprogramm“ bescherte ihr auf den Auslandsreisen viele interessante Begegnungen und spannende Eindrücke, wie sie dankbar berichtete.
Gleichzeitig erlebte sie seit den 1970er Jahren hautnah die bedrückenden Zeiten des deutschen Terrorismus, u.a. das tödliche Attentat auf Gero von Braunmühl, den engsten Mitarbeiter ihres Mannes, 1986 in Bonn-Ippendorf. Sie erklärte, wie stark sie in ihrem Wachtberger Zuhause stets von Sicherheitsleuten umgeben waren, einschließlich eines Wachhäuschens vor der Tür. Im Privathaus gab es häufig Abendessen im kleinen Kreis mit den politischen Gästen. Mit dem damaligen sowjetischen Außenminister Schewardnadse mussten sie allerdings einmal kurzfristig ins Godesberger Traditionslokal „Maternus“ ausweichen, was dieser aber sehr genoss. Hintergrund: Der vorgesehene Fisch war zum Entsetzen des Kochs nicht in Wachtberg angekommen.
Barbara Genscher engagiert sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich als Schirmherrin der Deutschen Herzstiftung und ist ihrem Wohnort und der ganzen Region stets eng verbunden geblieben, wie sie betont. Das habe auch für ihren Mann gegolten. Er habe leidenschaftlich gerne in der Badewanne gelegen, erzählte sie, und nützte dafür kleinste Zeitfenster daheim, bevor sie beide als Gastgeber einen Abendtermin gehabt hätten. „Aber wir waren immer pünktlich!“ Und was hat es mit dem gelben Pullunder auf sich, der sein Markenzeichen wurde? Dessen Ursprung liege bei der UNO, sagte sie: Da der Außenminister in New York aufgrund von starken Klimaanlagen fror, kaufte ihm ein Mitarbeiter einen Pullunder. Dieser war gelb und hatte dann etliche Nachfolger.
Wir danken Barbara Genscher für diesen kurzweiligen und nachhallenden Nachmittag! Ein großes Dankeschön geht ebenso an unsere Ehrenamtlichen, die den schönen Rahmen fürs Erzählcafé durch Kuchenspenden und die Betreuung der Gäste möglich machen.